BDG-Studie zu Rohstoffkreisläufen
Welcher Stahlschrott bleibt für die Eisengießer?
Eisengießereien sind klassische Recycler. Ihr Rohstoff: Hochwertige unlegierte Stahlschrotte. Gerade die verwenden Stahlhersteller im Zuge der Transformation selbst weiter. Der BDG hat deshalb eine Studie beauftragt, die zeigt, worauf sich die Eisengießer einstellen müssen. Der BDG untermauert mit den Zahlen außerdem seine Forderung an die Politik, Stahlschrott als strategischen Rohstoff in die nationale Rohstoff-Strategie aufzunehmen. Und auch der Kupolofen rückt in ein neues Licht.
Eisengießereien sind eine klassische Recycling-Industrie – und das nicht erst in Zeiten der Transformation. Sie setzen Produktionsabfall bzw. Neuschrott wie z.B. Späne oder Feinblech-Beschnitt statt Roheisen ein und machen daraus ohne Qualitätsverlust wieder qualitätvolle Produkte. Damit sind sie ein wesentlicher Teil der europäischen Kreislaufwirtschaft. Gerade hochwertige unlegierte Schrotte werden zurzeit knapp. Grund: Auch die Stahlindustrie und ihre Kunden befinden sich in einem Transformationsprozess. Sie schließen ihre Schrottkreisläufe und die neuen Produktionsprozesse verändern die Schrottarten. BDG und die Fachgemeinschaft Guss-Rohrsysteme (FGR) haben bei Proassort eine Studie beauftragt, die mit Zahlen, Daten und Fakten aufzeigt, worauf sich die Branche einstellen muss und wie sie jetzt schon auf die veränderten Schrottkreisläufe reagieren kann. Angekündigt wurde sie im BDG report 2-2023. Jetzt steht sie BDG-Mitgliedern zur Verfügung.
Bis Ende 2026 wollen die Stahlhersteller einen Teil ihrer Hochofenanlagen durch die Elektrostahlroute ersetzen, die auf Direct Reduced Iron (DRI) basiert, das überwiegend in Lichtbogenöfen zunächst mit Erdgas, später mit „grünem“ Wasserstoff produziert wird. Dadurch wird der Neuschrott-Anteil an der Stahlproduktion steigen, z.B. für die Tiefziehgüten. Schon jetzt führen Stahlhersteller ihre unlegierten Neuschrotte direkt in ihre Produktion zurück und sichern ihre Schrottbasis, indem sie sich an Schrott-Lieferanten beteiligen. Auch die Stanzabfälle von den Pressenstraßen der Automobilindustrie – eine der wichtigsten Quellen für unlegierten Stahlschrott – geht somit gar nicht mehr in den freien Handel, sondern direkt zurück zum Stahlproduzenten. Vorteil für den Stahlproduzenten: Für bestimmte Stahlsorten stehen bereits passende Schrotte zur Verfügung, eine Nachlegierung entfällt.
Zukunftsszenario Stahl-Kreislauf in Zahlen | Die sechs neuen DRI-Lichtbogenöfen der Stahlindustrie sollen bis Ende 2026 rund die Hälfte der Hochofen-Produktion ersetzen, zusammen rund 11 Mio. t. Die alten Hochöfen benötigen dann nur noch die Hälfte an Neuschrott, also rund 1,5 Mio. t, die Elektrostahlroute bei einem durchschnittlichen Neuschrott-Bedarf am metallischen Einsatz rund 4,5 Mio. t. In Summe sind dies 6 Mio. t. Das entspräche einem Mehrbedarf von 3 Mio. t jährlich.
Die deutsche Gusseisenproduktion hat in den letzten Jahrzehnten aus Kosten- und Nachhaltigkeitserwägungen statt auf Roheisen auf Stahlschrott, überwiegend Neuschrotte, gesetzt. Da die Gießerei-Industrie sich in Richtung Elektrifizierung, sprich Induktionsöfen, hin transformiert, machte dies doppelt Sinn, sind Altschrotte doch nur in Kupolöfen verwertbar.
Praktikable Grenzwerte für Gusseisenwerkstoffe | Ferritisches GJS rund 0,2 % Legierungselement-Anteil | Perlitisches GJS rund 0,4 % Legierungselement-Anteil | GJL rund 0,6 % Legierungselement-Anteil | Zur Produktion von GJS verwenden Eisengießereien bevorzugt unlegierte Blechpakete. Legierungselemente dieser unlegierten Stahlschrotte sind Mangan, Silizium und Aluminium, von denen im Kupolofen ein gewisser Prozentsatz entfernt werden kann. Auch hier gilt: Im Induktionsofen ist diese metallurgische Arbeit nicht möglich, im Kupolofen schon.
In Zukunft werden sich die Eisengießer neue Quellen für ihre Rohstoffe erschließen müssen. Der Schritt zurück zum Roheisen erscheint angesichts der angestrebten Dekarbonisierung und der Product Carbon Footprints, die Kunden immer öfter von ihren Zulieferern fordern, nicht sinnvoll. Als Stahlschrott bieten sich verzinkte Stahlbleche und verzinnte Neu- und Altschrotte, ansonsten etwas höher legierte Altschrotte an. Wenn die Gießereien sich also generell auf höhere Begleitelementpegel ihrer Schrotte einstellen müssen, heißt das neben der Anpassungen des Einschmelzprozesses im Kern vor allem zweierlei: Erstens müssen die Schrotte aufwendiger sortiert werden. Gießereien benötigen also Stahlschrott-Händler und -Aufbereiter, die über eine leistungsfähige, schnelle Analytik und Sortieranlagen verfügen. Und zweitens könnte der Kupolofen und seine Defossilisierung wieder an Bedeutung gewinnen, ist er doch in der Lage, auch schlechtere Schrottqualitäten zu recyceln.