
Regulatorische Weichenstellungen mit Langzeitwirkung
Zwischen Bürokratie und Balance
Das Jahr 2024 stand aus Sicht der Gießerei-Industrie im Zeichen einer dichten Folge regulatorischer Entscheidungen – auf nationaler wie europäischer Ebene. Ob europäisches Lieferkettenrecht oder CO₂-Grenzausgleich: Für viele Unternehmen wuchs die Unsicherheit. Der BDG begleitete diese Prozesse eng und versuchte, Orientierung zu geben, wo die Politik häufig neue Komplexität schuf statt klare Rahmenbedingungen. Einige Beispiele.
Vom LkSG zum CSDDD – zwei Systeme, ein Problem
Mit dem Inkrafttreten der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) 2024 entstand eine regulatorische Parallelstruktur zum dem bereits wirksamen deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Während das CSDDD künftig deutlich weniger Unternehmen betreffen wird, gilt das LkSG seit Anfang 2024 weiterhin für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden – ohne Umsatzgrenze. Beide Regulatorien werden jedoch die gesamte Lieferkette und somit indirekt auch kleinere Zulieferer betreffen, die mit Auskunftsersuchen ihrer mit der Berichtspflicht direkt betroffenen Kunden konfrontiert werden. Der BDG machte auch daher auf diese Schieflage aufmerksam und forderte gemeinsam mit Partnerverbänden, das nationale LkSG bis zur Umsetzung der europäischen Richtlinie auszusetzen, die nach Plan bereits im Jahr 2026 wirksam werden soll. Ein entsprechendes Schreiben an fünf Bundesminister wurde am 10. Juni 2024 versendet. Die Politik signalisierte zwar Gesprächsbereitschaft, das Gesetz blieb jedoch zunächst in Kraft.
Die neue Bundesregierung will das nationale LkSG jetzt aussetzen und sofort die Regulatorien der CSDDD einführen. Und auch auf europäischer Ebene wird die CSDDD ebenso wie die CSRD und die EU-Taxonomie nach der Veröffentlichung des EU-Kompasses für Wettbewerbsfähigkeit, der sich auf die Empfehlungen des Draghi-Berichts stützt, neu gedacht. Der Entwurf des ersten angekündigten Omnibus-Pakets hat die EU-Kommission im Februar veröffentlicht.
Der BDG wird weiterhin darauf einwirken, dass die Belastung der deutschen Gießereien durch Berichtspflichten im praktikablen Rahmen gehalten wird und hält seine Mitglieder in seinen Medien auf dem aktuellen Stand der Entwicklungen.

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CBAM: Von der Idee zur Wirklichkeit?
Der CO₂-Grenzausgleichsmechanismus der EU – der CBAM – wirft nach wie vor große Fragen auf, für die es nach wie vor keine praktischen Lösungen gibt. Gleichwohl trat er 2024 in seine Übergangsphase ein. Für viele Gießereien stellte sich damit erstmals ganz konkret die Frage, wie komplexe Emissionsdaten zu importierten Vorprodukten erhoben und gemeldet werden sollen. Bereits im Februar 2024 bot der BDG seinen Mitgliedern ein Webinar zum Thema CBAM an, in dem die Teilnehmer RA Dr. Karen Möhlenkamp, WTS, Fragen zu ihrer konkreten Situation stellen konnten. Auch im Anschluss informierte der BDG kontinuierlich über die Berichtspflichten, formulierte Hinweise zur praktischen Umsetzung und brachte über die europäischen Partnerverbände seine Kritik an dem System an sich und an den überzogenen Anforderungen in Brüssel ein.
Positionieren statt protestieren
Statt reflexhafter Ablehnung suchte der BDG in all diesen Prozessen gezielt den Dialog: mit Ministerien, Partnerverbänden und Unternehmen. Ziel war stets, die praktische Umsetzung zu erleichtern, Belastungen realistisch zu benennen und Beispiele für überkomplexe, lebensferne und solche Regelungen zu sammeln, die weit über das Ziel hinausschießen. Der industrielle Mittelstand in Deutschland und Europa muss dafür bei den politischen Entscheidern sichtbar werden. 2024 wurde deutlich: Die politische Debatte um Nachhaltigkeit, Transparenz und Verantwortung ist nicht mehr wegzudiskutieren. Aber ihre Umsetzung braucht Maß und wirtschaftliche Vernunft – und eine Stimme für das Machbare.
